Gerald Ullrich

Bürger, Bosse, Bürokraten

GU im Ausschuss

Als Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie im Deutschen Bundestag ist es mir ein wichtiges Anliegen, die kleinen und mittelständischen Unternehmen zu repräsentieren und in Berlin den Themen der Selbständigen Gehör zu verschaffen. Denn gerade diese sind es, welche hier in Südthüringen den Großteil unserer Wirtschaft abbilden und damit hier Arbeitsplätze und somit Lebensqualität schaffen. Wie unter einem Brennglas zeigen sich durch die Corona-Maßnahmen viele Fehler der Wirtschaftspolitik der letzten Jahre: wachsende Bürokratie, fehlende Digitalisierung oder nur Stückwerk bei der Lösung von Problemen und kein großer Wurf.

Den Mitarbeitern in der Verwaltung kann man keinen Vorwurf machen, denn wie sollen hier vor Ort in den Ämtern Bestimmungen durchgesetzt werden, wenn diese nicht klar formuliert sind, sich wöchentlich ändern oder der Nutzen nicht immer erkennbar ist? Auch ist es falsch, die Corona-Krise allein als Grund für eine sinkende Wirtschaftsleistung vorzuschieben. Schon in den Monaten vorher ist das Wirtschaftswachstum in Deutschland ausgeblieben. Auch ohne Corona würden wirtschaftspolitische Probleme sichtbar werden, denn sie sind hausgemacht.

Der Teufel steckt im Detail, auch in der Bürokratie für Unternehmen. Wenn der Staat alles bis ins kleinste Detail mit Vorschriften regeln will, ist das nicht nur ein zeitlicher Faktor, man erzeugt auch Frust auf allen Seiten. Einiges lässt sich sicher in fünf Minuten erledigen, in der Summe braucht es zur Bearbeitung aber Stunden. Für Selbständige können da schnell mehrere Tage im Monat zusammen kommen. Alles Zeit, die für die eigentliche Arbeit verloren geht oder sogar Geld für deren Bearbeitung kostet. Nicht nur Selbständige fragen sich, ob manche Regelung richtig ist oder ob es nicht einfacher geht. Dann gibt es wiederum Anträge und Formulare, die sind so kompliziert, dass sie ohne Hilfe nicht ausgefüllt werden können. Das höre ich immer wieder in Gesprächen hier in Südthüringen. Manchmal hat man das Gefühl, als Bürger gar nicht mehr ernst genommen zu werden. Auf lange Sicht ist dies das schlimmste, wenn das Vertrauen der Menschen in die Politik beeinflusst wird oder sogar zerstört. Es schwächt letztlich den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

Deshalb sollte die Politik Vertrauen ins Verantwortungsbewusstsein der Menschen haben. Politik ist Dienst an den Bürgern und sollte ihnen in erster Linie zugutekommen, nicht anders herum! Aus diesem Grund müssen wir Dinge einfacher und verständlicher machen. Ich fordere deshalb einen „Bürokratie-TÜV“, der zum Beispiel unnötige Doppelregelungen aufspüren kann, zudem sind zukünftig für jede neue Regelung, zwei zu streichen („one in, two out“) – auch auf europäischer Ebene. Sinnvoll sind auch Formularkonferenzen. Bürger oder Unternehmen können hier angeben, welche Probleme sie beim Ausfüllen von Formularen hatten, so dass sie überarbeitet und verbessert werden können. Genau das wurde in der Politik der letzten Jahre verschlafen: wie kann ich etwas besser oder einfacher machen.