In den letzten Wochen hat mich der EU-Haushalt 2021-2027 noch in vielerlei Hinsicht beschäftigt. Dieses Mal stand vor allem der Entwurf des Aufbau- und Resilienzplans im Mittelpunkt. Dieser regelt, wie Deutschland seine Zuschüsse von ca. 23,6 Mrd. Euro ausgeben wird. Die Zuschüsse sollen vor allem Reformen zugunsten des „grünen und digitalen Wandels“ dienen. Der aktuelle Entwurf der Bundesregierung lässt jedoch kaum echte Reformen erkennen. Dies wird vor allem an dem Beispiel der Digitalisierung des Bildungssektors deutlich: Hierfür sollen lediglich 4,9% der Zuschüssen ausgeben werden. Dies wird den zahlreichen Herausforderungen im deutschen Bildungssystem in Zeiten von Corona nicht gerecht. Das habe ich in einem Beitrag in der Welt deutlich gemacht.
Hinzu kommt, dass die Bundesregierung mit diesen Mitteln für die digitale Bildung auch bereits beschlossene Maßnahmen finanzieren will. So soll ein Großteil in den Ausbau der digitalen Infrastrukturen im Rahmen der sogenannten Bildungsoffensive fließen, dieser sollte aber bereits mit dem Digitalpakt 2019 finanziert sein. Dies erweckt den Eindruck, als ob die Bundesregierung mit dem Geld aus dem EU-Wiederaufbaufonds Lücken im Bundeshaushalt schließen will. Dieses Vorgehen würde zudem gegen die Vorgaben der EU-Kommission verstoßen, nach denen das Geld aus dem europäischen Fonds keine laufenden Ausgaben decken soll. Die Bundesregierung hat noch einige Wochen Zeit, um die finale Fassung des Aufbau- und Resilienzplans vorzulegen. Dass die Bundesregierung diese jedoch erst am 30. April, dem letztmöglichen Tag, der EU-Kommission vorlegen will, ist für mich nicht nachvollziehbar. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, ist mit der Auszahlung der Mittel erst ab Ende Juli zu rechnen. Dies würde bedeuten, dass die Schulen noch weitere vier Monate auf diese Gelder warten müssen.
In den letzten Tagen rückte auch das Thema der Impfstoffstrategie der EU in den Vordergrund. Denn nicht nur Deutschland steckt im Impfchaos fest. Als FDP-Bundestagsfraktion unterstützen wir die europäische Vorgehensweise bei den Fragen rund um die COVID-19-Impfstoffe. Wir finden jedoch, dass die EU hier deutlich transparenter und effizienter vorgehen sollte. Vor allem hätte die EU von Anfang mehr Geld in die Impfstoffbeschaffung stecken müssen. Stattdessen stellte die EU-Kommission im Juni letzten Jahres nur einen Betrag von 2,15 Mrd. Euro zur Impfstoffbeschaffung zur Verfügung. Ein Betrag, der etwa im Vergleich mit den USA - wo sofort 18 Mrd. US-Dollar investiert wurden - nahezu bescheiden wirkt. Wie die EU dieses Geld jedoch letztendlich verbrauchte und für welche konkreten Projekte das Geld verwendet wurde, bleibt ein Rätsel.
Bekannt ist lediglich, dass mit den Geldern ein Teil der Kosten der Impfstoffhersteller zur Produktionsförderung vorfinanziert wurde. Solche Intransparenz kann ich nicht nachvollziehen. Schließlich handelt es sich hier um Mittel aus dem EU-Haushalt und somit auch um Gelder der deutschen Steuerzahler, die eine genaue Auskunft über deren Verwendung verdienen!
Am 1. Januar hat Portugal den EU-Ratsvorsitz übernommen. Das Programm der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft war damit ein wichtiger Punkt auf der europapolitischen Agenda der FDP-Bundestagsfraktion. Zwei der Prioritäten liegen uns dabei besonders am Herzen. Zum einen hat sich Lissabon verpflichtet, am 9. Mai 2021 die längst fällige Konferenz zur Zukunft Europas stattfinden zu lassen, welche unter aktiver Bürgerbeteiligung die konkreten Vorschläge für die dringend benötigten institutionellen Reformen in der EU erarbeiten sollte. Anfang Februar wurden schon erste Erfolge hierzu erzielt: der EU-Rat hat sich auf den Vorsitz der Konferenz und die wichtigsten Governance-Regeln geeinigt.
Für uns Freie Demokraten bleibt es jedoch wichtig, dass die Konferenz nicht nur den Rahmen eines bloßen Dialogsforums bekommt, sondern vielmehr unter der aktiven Bürgerbeteiligung auch zu klaren Entscheidungen führt. Diese sollen letztendlich zu konkreten Legislativinitiativen und möglichen Änderungen der EU-Verträge führen. Nur so kann die Konferenz zum Erfolg werden.
Zum anderen erwarten wir von Lissabon deutliche Fortschritte bei der Ratifizierung des Mercosur-Abkommens zwischen der EU und Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Wir hoffen, dass Lissabon hier auf seine historisch bedingte, besondere Verhandlungsmacht mit dem brasilianischen Präsident Bolsonaro setzt, um die Einigung bei den übrig gebliebenen Streitpunkten mit der EU voranzubringen.