Gerald Ullrich

Warum wir als FDP dem EU-Eigenmittelbeschluss zugestimmt haben

Am 25. März stimmten wir Freie Demokraten im Deutschen Bundestag der Ratifizierung des Eigenmittelbeschlusses der EU zu. Der neue Eigenmittelbeschluss schafft die Grundlage für die Finanzierung des mehrjährigen EU-Haushalts 2021-2027 sowie des 750 Mrd. Euro schweren EU-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“. Dafür wird die Obergrenze der EU-Eigenmittel von bisher 1,2 auf 1,4 % des Bruttonationaleinkommens der Mitgliedstaaten dauerhaft angehoben. Zusätzlich dazu wird sie einmalig und temporär zur Finanzierung des Aufbauinstruments „Next Generation EU“ bis 2058 um weitere 0,6% auf 2,0% des Bruttonationaleinkommens der Mitgliedstaaten angehoben.

Diese Entscheidung war das Ergebnis von einem sorgfältigen, monatelangen Abwägungsprozess. Letztendlich war die Entscheidung auch der Ausdruck unserer Solidarität mit den EU-Ländern, die von der Corona-Krise gesundheitlich, aber auch wirtschaftlich besonders hart getroffen wurden und immer noch werden. Vor diesem Hintergrund wollen wir klarstellen: Mit dem Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz haben wir nicht über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, sondern über einen nach hartem Ringen erzielten, europäischen Kompromiss in einer absoluten Ausnahmesituation abgestimmt. Dieser Kompromiss ermöglicht eine neue Finanzierungsgrundlage für den gesamten EU-Haushalt. Das bedeutet, dass wir am 25. März nicht explizit dem EU-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“, sondern einem insgesamt 1,8 Billionen Euro schweren EU-Haushalt mit einem Finanzpaket zugestimmt haben. Dieses besteht aus zwei Elementen: dem sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen in Höhe von 1.074,3 Mrd. Euro als einem regulärem EU-Haushalt 2021-2027 sowie dem EU-Aufbauinstrument „Next Generation EU“ in Höhe von 750 Mrd. Euro als einem einmaligen, zeitlich begrenzten Instrument zur wirtschaftlichen Stabilisierung aller EU-Länder in der aktuellen Corona-Krise.

Man kann über einen oder anderen Punkt sicherlich noch streiten, dennoch sind auch wir als FDP-Bundestagsfraktion letztendlich zum Ergebnis gekommen: In der Gesamtbewertung stärkt das EU-Aufbauinstrument die Handlungsfähigkeit der EU und gibt ihr die Mittel in die Hand, die Bekämpfung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in den Mitgliedstaaten zu unterstützen.
Zur Finanzierung des Aufbauinstruments wird die Europäische Kommission ermächtigt, im Namen der Union Mittel in Höhe von bis zu 750 Mrd. Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen. 390 Mrd. Euro davon werden als nicht-rückzahlbare Zuschüsse in den Mitgliedstaaten verausgabt. Bis zu 360 Mrd. Euro können als Kredite an die EU-Mitgliedstaaten ausgezahlt werden. Diese Gelder werden größtenteils in Reformen und Investitionen mit dem Schwerpunkt auf nachhaltige und digitale Transformation in Europa fließen. Die letzten Auszahlungen aus dem Programm „Next Generation EU“ finden 2026 statt. Höchstens 750 Milliarden Euro können ausgezahlt werden, höchstwahrscheinlich ist es am Ende deutlich weniger, da nicht alle Staaten die ihnen zustehenden Darlehen abrufen wollen. Mehr ist unter keinen Umständen drin. Eine Ausweitung würde eine erneute Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedstaaten erfordern. Außerdem wäre in jedem Fall immer eine Ratifizierung durch Bundestag und Bundesrat erforderlich. Die wird es mit den Freien Demokraten nicht geben.

Im Laufe der zahlreichen Fachgespräche, Anhörungen und Beratungen innerhalb der FDP-Fraktion, mit den zuständigen Fachausschüssen des Deutschen Bundestages und unseren europäischen Partnern in Brüssel konnten wir uns letztendlich versichern: beim EU-Aufbauinstrument geht es um ein einmaliges, temporäres und vom Umfang her strikt begrenztes Instrument in einer absoluten Ausnahmesituation. 

Die Schulden, die durch die Finanzierung des Aufbauinstruments aufgenommen werden, sollen in einem strikt begrenzten Zeitraum - spätestens ab 2028 und bis 2058 - ausschließlich aus den zukünftigen EU-Haushalten zurückbezahlt werden. Neue EU-Eigenmittelsteuer, welche wir als Freie Demokraten weiterhin strikt ablehnen, werden durch das Aufbauinstrument nicht eingeführt. Auch die Haftungsfragen in Verbindung mit dem EU-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ sind strikt geregelt. Jeder Mitgliedstaat haftet nur für seinen Anteil am EU-Haushalt, der für Deutschland aktuell bei ca. 25% liegt. Die Mittelvergabe an die Mitgliedstaaten ist zudem an strenge Konditionalitäten (Reformen und Rechtsstaatlichkeit) geknüpft, was letztendlich dank der liberalen Verhandlungslinie der sogenannten sparsamen Fünf: Niederlande, Schweden, Dänemark, Österreich, Finnland - möglich geworden ist.

Diese Argumente bestätigen: Das Aufbauinstrument führt weder zur Dauerverschuldung der EU noch zur Verstetigung der Kreditfinanzierung für EU-Eigenmittel. Wir als Freie Demokraten bleiben unserer Linie treu, dass neue Schulden und neue Steuer in der EU zu verhindern sind. Als FDP-Fraktion werden wir stets dafür sorgen, dass die Mittel sowohl aus dem mehrjährigen EU-Haushalt 2021-2027 als auch aus dem EU-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ möglichst transparent und effizient zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen in Deutschlands sowie in den anderen EU-Ländern dienen.