In den letzten Wochen war die europapolitische Debatte stark vom Thema EU-Haushalt geprägt. Fraglich bleibt derzeit, ob die Verabschiedung des 1,8 Billionen Euro schweren EU-Haushalts noch bis zum 1. Januar 2021 möglich wird. Der Hauptgrund dafür sind die andauernden komplizierten Verhandlungen zwischen dem EU-Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament. Auf dem Wege zu einer Einigung liegen noch viele Stolpersteine. So setzt sich das Europäische Parlament weiterhin für die zusätzlichen 40 Mrd. Euro für die zukunftsorientierten Programme, insbesondere in den Bereichen Forschung und Bildung, ein. Außerdem will die Mehrheit der EU-Parlamentarier eine strenge Bindung der Mittelauszahlung an die klaren Rechtsstaatlichkeitskriterien sehen. Wir Freie Demokraten unterstützen diese Forderungen nachdrücklich. So haben wir als FDP-Bundestagsfraktion den Vorschlag des deutschen EU-Vorsitzes für den Rechtsstaatsmechanismus kritisiert. Dieser knüpft die Mittelauszahlungen ausschließlich an die regelgerechte Verwendung von EU-Geldern. Damit begeben wir uns auf einen Kuschelkurs zu Ländern, wie Ungarn und Polen, welche trotz der Missachtung der grundlegenden Rechtsstaatprinzipien weiterhin ungestört EU-Gelder kassieren.
Im Rahmen des neuen EU-Haushalts kann Deutschland insgesamt mit ca. 22,7 Mrd. Euro an Zuschüssen aus der sogenannten Aufbau- und Resilienzfazilität, dem zentralen Fonds des Wiederaufbauplans, rechnen. Ein bescheidener Betrag, wenn man bedenkt, dass Deutschland nach derzeitigem Stand ca. 75 Mrd. Euro an Zuschüssen in den EU-Haushalt einzahlen wird. Dies bedeutet, dass Deutschland 52,3 Mrd. Euro mehr an die EU zahlt, als es aus dem EU-Wiederaufbaufonds zurückbekommt. Dieses Verhältnis habe ich kürzlich in Der Welt kritisiert.
Ebenfalls beschäftigt hat uns Freie Demokraten die aktuelle Lage in Belarus. Am 7. Oktober hatte ich die Möglichkeit, Frau Svetlana Tikhanowskaya, die Anführerin der demokratischen Opposition in Belarus, im Europaausschuss persönlich zu erleben. Das Treffen hat mich erneut davon überzeugt, wie wichtig die Unterstützung aus Deutschland und der EU für die belarussischen Menschenrechtsaktivisten ist. Deswegen fordern wir möglichst schnell EU-Sanktionen gegen Diktator Lukaschenko. Dass diese bisher weder bestätigt noch umgesetzt wurden, zeigt uns wiederum die Entscheidungsschwäche der EU als außenpolitischen Akteur.
Wichtig für die außenpolitische Stärkung der EU wäre, dass das Prinzip der Einstimmigkeit aufgegeben wird und endlich Mehrheitsentscheidungen möglich werden. In diesem Sinne fordern wir Freie Demokraten die Bundesregierung auf, sich konsequenter für Mehrheitsentscheidungen einzusetzen. Nur so wird es möglich, den autoritären Regimen, wie in Belarus oder in Russland, entschlossen entgegenzutreten.