Die letzten Sitzungswochen vor der Sommerpause standen unter dem Zeichen der Konferenz zur Zukunft Europa. Mit der ersten Plenartagung der Konferenz, die am 18./19. Juni in Straßburg stattfand, rückte die Frage der Mitwirkung der nationalen Parlamente wieder in den Vordergrund.
Aktuell ist der Bundestag durch zwei Vertreter der Regierungskoalition in der Konferenz vertreten. Für uns als FDP bleibt es jedoch entscheidend, dass nicht nur die Regierungsparteien, sondern auch die Opposition ausreichend Spielräume bekommt, sich an den Inhalten der Konferenz zu beteiligen. Nur dann kann diese zu demokratischen Entscheidungen führen, die auf breite Unterstützung der EU-Bürger treffen.
In diesem Sinne habe ich zusammen mit meinen Fraktionskollegen mehrfach gefordert, dass alle politischen Kräfte im Bundestag über die Ergebnisse und Vorhaben der Konferenz regelmäßig unterrichtet sowie zu ihren Ideen und Vorschläge befragt werden. Dank unserer Initiative werden aktuell unterschiedliche Formate diskutiert, wie eine bessere Einbindung der Opposition hier gelingen kann.
Als FDP bleiben wir unserem Kurs treu, den Schwerpunkt der Konferenz auf die institutionelle Stärkung von Europas Demokratie und der Bürgerbeteiligung zu legen. Das Initiativrecht für Europaparlament, transnationale Listen bei Europawahlen oder Erweiterung der Mehrheitsentscheide im EU-Rat wären die ersten logischen Schritte dafür.
Über die Bedeutung der Zukunftskonferenz habe ich auch zusammen mit meinem Fraktionskollegen Michael Link im Rahmen des interparlamentarischen Treffens der deutschen Bundestagsabgeordneten im Format des Weimarers Dreiecks am 17. Juni diskutiert. In einem Punkt waren wir uns mit Parlamentariern aus Frankreich und Polen einig: Wir müssen die EU krisenresistenter und handlungsfähiger machen. Dafür brauchen wir entsprechende Reformen.
Auch das Thema Binnenmarkt wurde im Rahmen des Weimarer Dreiecks intensiv diskutiert. Immer noch wird die Ausübung der Binnenmarktgrundfreiheiten durch nationale Hindernisse und Hürden in vielen Bereichen erschwert. Insbesondere der europäische Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen ist nach wie vor mit erheblichen Einschränkungen konfrontiert. Als FDP wollen wir diese beheben, indem wir uns für die Vollendung der Kapitalmarktunion, Nutzung neuer Blockchain-Technologien am Kapitalmarkt, Vollharmonisierung der Bankenaufsicht (SSM) und Angleichung der Insolvenzordnungen im Binnenmarkt einsetzen.
Die aktuellen finanz- und geldpolitischen Entwicklungen in der EU standen ebenfalls weit oben auf der europapolitischen Agenda unserer Bundestagsfraktion. Den aktuellen ultralockeren Geldkurs der EZB sehen wir in der FDP-Bundestagsfraktion weiterhin kritisch. Für uns liegt auf der Hand: Die Niedrigzinspolitik der EZB führt nicht zu mehr Stabilität und Wachstum in der EU, sondern schafft nur neue Anreize für immer höhere Schulden, die vor allem die Steuerzahler belasten.
Auch mit Blick auf die aktuell steigende Inflationsrate können wir die letzten geldpolitischen Entscheidungen der EZB, die Niedrigzinspolitik bei der gleichzeitigen Aussetzung der EU-Schuldenregeln bis 2023 aufrechtzuerhalten, nicht länger nachvollziehen. Letztendlich wird dadurch die Staatsfinanzierung künstlich vereinfacht, während der Reformdruck und die Ausgabendisziplin in den Mitgliedstaaten abnehmen. Wir als FDP-Bundestagsfraktion setzen uns dagegen für eine solide Finanzpolitik ein, die durch Begrenzung der Schulden, finanzielle Eigenverantwortung der Euro-Mitgliedstaaten und nachhaltige Reformen getragen wird.
Am 1. Juli hat Slowenien die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Als FDP begegnen wir der slowenischen Ratspräsidentschaft mit gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite begrüßen wir die verkündeten Ziele Ljubljanas, die nächsten sechs Monate intensiv für die Sicherung einer effizienten Umsetzung und Kontrolle des EU-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ in allen EU-Mitgliedstaaten, die Einigung auf den umstrittenen EU-Migrationspakt und die Stärkung des EU-Grenzschutzes zu nutzen.
Auf der anderen Seite bereitet uns der aktuelle Kurs von Ministerpräsident Janez Janša Sorgen. Dieses ist aktuell von Einschränkungen der Presse- und Medienfreiheit, einer Blockade der Arbeit der Europäischen Staatsanwaltschaft und einer voranschreitende Freundschaft mit Victor Orban geprägt. Dies schwächt Ljubljana in seiner Glaubwürdigkeit innerhalb der EU und erschwert ihm somit, seine Vermittlungsrolle unter den Mitgliedstaaten im Rahmen der Ratspräsidentschaft effizient wahrzunehmen.
Solche besorgniserregenden Entwicklungen werden wir als FDP nicht stillschweigend hinnehmen. Wir werden uns weiterhin konsequent dafür einsetzen, dass die Grundprinzipien der demokratischen rechtsstaatlichen Ordnung in allen EU-Mitgliedstaaten jederzeit uneingeschränkt gelten. Dafür haben wir als FDP auch durch unsere liberalen Kollegen in der Fraktion Renew Europe ein wichtiges Sprachrohr im Europäischen Parlament und in Brüssel.